Freitag, 8. Januar 2016

Insider - Silvesternacht kostet Kölns Polizeichef das Amt

REUTERS/Wolfgang Rattay/Files


- von Matthias Inverardi und Sabine Siebold

Der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers muss nach den massenhaften Angriffen auf Frauen in der Silvesternacht einem Insider zufolge seinen Hut nehmen.

Dies verlautete am Freitag im Umfeld der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Ein Sprecher des Innenministeriums kommentierte dies zunächst nicht und verwies auf eine um 17.00 Uhr geplante Erklärung von Ressortchef Ralf Jäger. Albers steht wegen seiner Kommunikationspolitik nach der Silvesternacht in der Kritik. Die Zustände am Hauptbahnhof wurden erst Tage später nach Protesten in sozialen Medien gemeldet. Nach einem Bericht des "Kölner Stadt-Anzeigers" hatte die Polizei zunächst bewusst die Tatsache verschwiegen, dass es sich bei etlichen in der Nacht kontrollierten Männern um Asylbewerber handelte. Albers selbst wies den Vertuschungsvorwurf zurück.

Das Bundesinnenministerium bestätigte, dass unter den Verdächtigen für die Vorfälle am Hauptbahnhof viele Asylbewerber sind. Die Bundespolizei habe 31 mutmaßliche Täter identifiziert, davon 18 Asylsuchende, sagte ein Sprecher von Minister Thomas de Maiziere in Berlin. Darunter seien neun Algerier, acht Marokkaner, vier Syrer, fünf Iraner, ein Iraker, ein Serbe, ein Amerikaner und zwei Deutsche. Ihnen würden hauptsächlich Diebstähle und Körperverletzungen vorgeworfen. Es seien auch drei Anzeigen wegen sexueller Delikte bei der Bundespolizei eingegangen, dazu hätten aber keine Verdächtigen ermittelt werden können.

Bei der Kölner Polizei summiert sich die Zahl der Anzeigen wegen der Vorfälle in der Silvesternacht auf 170, in rund 120 Fällen geht es einer Sprecherin zufolge um sexuelle Übergriffe. Zwei junge Männer aus Nordafrika, die die Kölner Polizei festgenommen hatte, wurden allerdings wieder freigelassen. Der Tatverdacht gegen sie habe sich nicht erhärtet, erklärte die Staatsanwaltschaft. Die Polizei äußerte sich nicht zu einem Bericht von Spiegel Online, wonach die Beamten in einigen Fällen gestohlene Telefone in Flüchtlingsheimen oder in unmittelbarer Umgebung orteten.

In einem Einsatzbericht hatte ein Bundespolizist einen völligen Kontrollverlust der Sicherheitskräfte geschildert. Der Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags befasst sich am Montag mit dem Skandal. Für Samstag hat die islamfeindliche Pegida-Bewegung zu einer Demonstration vor dem Kölner Hauptbahnhof aufgerufen. Die rechtsextreme NPD rief ihre Mitglieder auf, sich daran zu beteiligen. Auch eine Gegenversammlung wurde angemeldet.



LEITSTELLE: KÖLNER POLIZEI LEHNTE VERSTÄRKUNG AB


Polizeipräsident Albers geriet am Freitag immer stärker unter Druck. Sein Präsidium habe während der chaotischen Lage Verstärkung angeboten bekommen, aber nicht angenommen, sagte ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Landesamts für Zentrale Polizeiliche Dienste. In der Silvesternacht habe die Leitstelle nachgefragt, ob Verstärkung benötigt werde, erklärte er und bestätigte einen Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Eine Hundertschaft habe zum Abruf bereitgestanden. Das Angebot sei ausgeschlagen worden.

Albers selbst erklärte, er habe immer wieder verdeutlicht, dass sich Personen bei Kontrollen mit vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ausgestellten Dokumenten ausgewiesen hätten.

Bundesinnenminister de Maiziere forderte, wenn Täter einen Migrations- oder Flüchtlingshintergrund hätten, dürfe das nicht verschwiegen werden. "Das wäre im Ergebnis nur Wasser auf die Mühlen all derjenigen, die Politik und Medien bewusste Verzerrung vorwerfen", sagte der CDU-Politiker der "FAZ". "Es darf keine Schweigespirale geben, schon gar nicht darf sie von der Polizei ausgehen".

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